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Keulen für die Rübe
Ein unterhaltsamer Kleinkunstkampf in Hannover

Die Frauen lagen ihm zu Füßen – und doch ließen sie ihn im Stich: Robert Wicke hatte schwer zu kämpfen mit den Damen in der ersten Reihe, die sich, verzückt von dem dunkelhaarigen Charmeur, bereit erklärten, ihm zu assistieren. Doch die Keulen, die sie dem Jongleur zuwerfen sollten, verfehlten jedes Mal ihr Ziel, und so mancher im Publikum musste seinen Kopf einziehen, um nicht von herumwirbelnden Kegeln getroffen zu werden. Und noch etwas machte dem Künstler zu schaffen: Die Decke über der Bühne im Marlene war zu niedrig für seine blitzschnellen Luftnummern – Wicke musste zum Jonglieren in die Knie gehen.
Es war ein harter Kampf am Sonnabendabend im Marlene bei der ersten Runde im Rennen um den niedersächsischen Kleinkunstpreis “Die Goldene Rübe”. Sechs Gruppen und Solisten traten an. Jeder Kandidat hatte eine Viertelstunde Zeit, die rund 150 Zuschauer im ausverkauften hannoverschen Club zu überzeugen. Und jeder, den die Theatergruppe “Die Bösen Schwestern” auf die Bühne bat, gab alles: volles Tempo, volle Konzentration, volles Programm. Sybille Hein war nach ihrer One-Night-Stand-Ode und einer turnturnierreifen Räkelnummer auf dem Flügel so aus der Puste, dass sie der nächste Chanson fast atemlos machte. Und auch das Clown-Trio vom Cirque Artikuss verausgabte sich sichtlich in seinem rasanten Ministück “Brennende Herzen im Sturm”.
Für die Künstler war‘s Schwerstarbeit, für die Zuschauer Unterhaltung auf höchstem Niveau. Am Ende schafften es Robert Wicke, Sybille Hein und der eigenwillige Richard-Clayderman-Interpret Michael Krebs ins Finale. Die Wahl traf das Publikum. Drei weitere Künstler werden bei der zweiten Vorrunde am 6. April im Marlene bestimmt. Wer den vom Verein “Kraut und Rüben” gestifteten Preis gewinnt, entscheidet sich dann am 4. Mai.

Kerstin Hergt, Hannoversche Allgemeine Zeitung, Montag, den 4. März 2002

 

Frechheit siegt
In Hannover wurde die “Goldene Rübe” vergeben

“Das Leben ist nicht gerecht, 15 Kugeln Eis und du bist schon nach einer satt” - die Lieder und Texte von Peter Düker und Holger Kirleis drehen sich um das Leben und seine kleinen Widrigkeiten. Doch statt eines bitteren Nachgeschmacks überwiegt bei ihren pointenreichen Zustandsbeschreibungen schließlich doch immer das entscheidende Fünkchen Hoffnung. Und Lacher sind garantiert. Dafür haben der Buch- und Musicalautor Düker und der Komponist und Musiker Kirleis auf der Variete-Bühne Marlene den Niedersächsischen Kleinkunstpreis “Die Goldene Rübe 2002” erhalten - den mit 1000 Euro dotierten Wanderpreis, den der Verein Kraut & Rüben Kleinkunst ausgeschrieben hat.
Zwölf Gruppen und Solokünstler waren angetreten, das Publikum wählte sechs davon in die Endausscheidung, die äußerst unterhaltsam von den “Bösen Schwestern” moderiert wurde. Mit offenen Hemden und “direkt aus dem Solarium” holte sich die Chanson-Boygroup Male Babes mit frechen Texten, Testosteron in der Stimme und viel Fingerfertigkeit an Bass und Gitarre den zweiten Platz (500 Euro). Der dritte Preis (250 Euro) ging an Michael Krebs, der mit Wortwitz und Virtuosität am Flügel seine Musikerkollegen aus der Schlagerbranche aufs Korn nahm.

kah, Hannoversche Allgemeine Zeitung, Montag, den 6. Mai 2002

 

Goldene Rübe fürs Liebesleben der Spinnen

Der Jongleur ging in die Knie: Die Decke in Hannovers proppevollem Kleinkunstkeller Marlene hing einfach zu niedrig für seinen Keulenwirbel. Doch wohl nicht nur deshalb blieb der nette Robert Wicke aus Hannover preislos: Eine Prise mehr Wagnis hätte seine Präsentation vertragen können. Und die “Goldene Rübe”, so betonten die “Bösen Schwestern” vom Veranstalter “Kraut und Rüben e.V.” mehrmals, sei eben kein Nachwuchspreis.
Sondern ein Profi-Marathon: Um halb ein Uhr nachts verkündete die Jury aus fünf Fachleuten, wer von den sechs Kleinkünstlern und Gruppen die niedersächsische Auszeichnung gewonnen hatte. Durch zwei Publikumsrunden waren sie vorgesiebt: “Also alles Sieger”, so die Bösen Schwestern süffisant. Ein paar fühlten sich am Ende doch als Verlierer, wie das schon bekannte Duo “Sybille Hein und der kleine Wahnsinnige”. Rotzfrech sang die Blondzöpfige über die Intimität von Schrankwänden und wälzte sich orgiastisch auf dem Flügel: “Mach dich nackig, Frank!” Zu heftig für die Jury?
Preisfrei blieb auch Thomas Moritz, einst Mathe- und Physiklehrer in Hannover. Jetzt mimt er den gesangsbeflissenen Bankangestellten. Witzig, aber ausbaufähig: feilen und nochmal versuchen. Bei den “Male babes” hat das auch geklappt. Die Chanson-Boygroup blieb im Vorjahr auf der Strecke, obwohl sie “mit offenen Herzen und Hemden” (Jury-Urteil) viel Charme versprühten. Diesmal besangen sie männlichen Gebärneid und rockten in Schieflage: zweiter Platz, 500 Euro.
Musik war angesagt in dieser langen Nacht. So beim dritten Preis (250 Euro): Michael Krebs persiflierte am Piano Clayderman-Pop und therapierte Schlagerstars durch Eigenliebe: “Guildo hat sich lieb”, ließ er den Horn singen.
Doch den ersten Preis (1000 Euro) holte sich ein Poet, der für Schräges und Sozialkritisches bekannt ist: Begleitet von Holger Kirleis besang Peter Düker den Mut zur Blamage oder reimte Nonsens zum Sexualleben der Spinnentiere: “Im Netz der Spinnenfrau / hängt ihr Mann, die arme Sau”. Kautzig, nie penetrant, originell und authentisch: hohes Lob von der Jury.
Doch als man während der Jury-Bedenkzeit nochmals die Vorjahressieger Marianne Iser und Thomas Duda mit ihren fetzig-düsteren Songs hörte, war klar: Die spielen in einer anderen Liga. Aber: “Die Rübe ist ein seltsames Spiel, sie kommt und geht von einem zum anderen”, sangen die Bösen Schwestern. Na eben.

Evelyn Beyer, Neue Presse, Montag, den 6. Mai 2002

 

 

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